Sonntag, der 16. November 2008
Breite: 22°00.93'S Länge: 169°04.93'O
Leeve Lüdd,
Ihr wundert Euch sicherlich, warum meine Position auf der Karte nicht mehr zu finden ist. Als ich kurz nach dem Auslaufen im Netz einchecken wollte, sagten sie mir, daß diese Frequenzen für Leute mit einer "Technician" Lizenz nicht zugänglich sind. Somit bleiben mir jetzt nur noch die Frequenzen, die für die Seefahrt gedacht sind. Das tut mir natürlich leid, aber ich habe schon seit Jahren immer wieder versucht, irgendwo den wirklich einfachen Test für die "General Class" Lizenz zu machen, fand aber nie genügend Prüfer, nämlich drei Stück an einem Ort.
Ansonsten wollten Donnerstag beide Maschinen beim besten Willen nicht anspringen & dann hatte sich auch noch die Kette so in den Korallen vertüddelt, daß es wieder Mittag wurde, bis wir endlich unterwegs waren. So liefen CHESHIRE & ANNA MARIA natürlich schon eine ganze Zeit vor uns aus.
Erst war gar kein Wind, doch an der Ecke Pango Point wurde es dann kurzfristig sehr ungemütlich, zumal die doofen Sportfischer immer ganz nahe bei uns vorbeifuhren. Doch kaum waren wir aus der Zone heraus, frischte der Wind auf und bis Mitternacht hatten wir traumhaftes Segeln, zumal auch noch der 13. und damit Vollmond war. Auf Lipings Wache flaute der Wind dann immer mehr ab, bis gar keiner mehr da war.
Freitag war es tagsüber ganz nett, doch nachts hatten wir dann so richtig Streß. Ich kontrollierte den Maschinenraum an Steuerbord und mußte feststellen, daß er voller Meerwasser war. Die Bilgepumpe wollte nicht, also war ich gezwungen alles rauszureißen. Riesenschweinerei, mitten in der Nacht & Liping mußte die ganze Zeit helfen. Glücklicherweise hatte sie schon sechs Stunden geschlafen. Ich durfte die Nacht durchmachen, denn diese Sache mußte sofort erledigt werden. Natürlich war es mal wieder die Elektrik, aber auch dieser Schwimmerschalter scheint sich endgültig verabschiedet zu haben. So habe ich jetzt die Pumpe manuell angeschlossen, so daß wir öfters mal den Schalter umlegen müssen, um die Bilge im Stbd-Maschinenraum nicht vollaufen zu lassen.
Sonnabend hatte ich dann als Folge ziemlich üble Kopfschmerzen, denn mein Körper kann Streß & akuten Schlafmangel immer weniger leiden. Die Maschinen machten immer wieder Zicken, was ich auf kaputte Starterbatterien zurückführe. Ich mußte jedes Mal mit den anderen Batterien die Stbd-Maschine starten & konnte erst dann die Bbd-Maschine anwerfen. Die benutze ich aber sowieso nur recht selten, denn sie verliert ja recht viel Motoröl über die Kurbelwellendichtung. Dieses Mal habe ich schon 16 1/2 Stunden lang Diesel verbrannt, womit ich normalerweise fast einen ganzen Monat lang auskomme!
Montag, der 17. November 2008
Breite: 23°12'S Länge: 169°14'O
Auch Sonntag war so gut wie gar kein Wind und außerdem lag uns die zu Frankreich gehörende Walpole Insel im Weg. Dort wollten wir eigentlich lieber nicht stranden, so daß der Motor schon wieder fast sechs Stunden lief. Um 17:30 Uhr checkte ich bei Des von "Opua Offshore Radio" ein, der wie üblich sagte, daß es morgen genau solches Wetter geben würde wie am Tage zuvor.
Abends um 18:30 - die Mädels lagen seit einer halben Stunde in der Heia - sah ich die Walpole Insel ganz deutlich am immer dunkler werdenden Horizont, wo ich sie Liping am Anfang ihrer Wache um Mitternacht immer noch zeigen konnte, denn der Mond sorgte für genügend Licht. Wir passierten sie in sechs Seemeilen Abstand. In den letzten Tagen hatte ich meine Nachtwachen fast vollständig am Ruder verbracht, um nur ja keine Chance zu verpassen Ost gut zu machen. Es will trotzdem nicht so recht werden... Außerdem wird es hier nachts recht kühl, so daß ich in langen Unterhosen, mit "Diesel" Pudelmütze, Jacke & Friesennerz dort draußen sitze. Dabei hat es tagsüber fast 30°C.
Heute morgen kam das "Rag of the Air" Netz aus Fidschi ganz deutlich herein & ich wurde als erstes Boot gerufen, so daß die Sache in wenigen Minuten erledigt war. Wenn man Pech hat, darf man nämlich schon mal eine Stunde warten, bis man dran ist. Um 7:00 Uhr war dann Winfried dran, der die Boote immer in der Reihenfolge aufruft, in der sie eingecheckt haben. So gab es heute gleich am Anfang ein richtiges Feuerwerk, als alle möglichen Leute sich gleichzeitig meldeten. Winfried und Ute waren mit ihrer ANNA MARIA schon 100 Seemeilen weiter südöstlich von uns. Erstens segelt seine 12 Meter Moody aus England wesentlich besser hoch am Wind und zweitens verbrennt Winfried auch mal 50 Liter Diesel am Tag. Wenn es sein muß auch fünf Tage hintereinander. Er riet mir dringend mehr nach Ost zu halten und die Flauten zu nutzen, um unter Maschine vorwärts zu kommen. Wäre ja dumm, wenn das Wetterfenster - fast so schön wie im Bilderbuch, meinte er - davonläuft, weil ich zu lahmarschig bin. Wenn ich also das nächste Mal nach den Anweisungen der Wetterfritzen segeln will, so muß ich mir noch etliche Kanister Diesel kaufen, damit ich überhaupt mithalten kann.
Zur Zeit betreut er 25 Boote, wobei jedes einzelne Boot nicht nur die Großwetterlage bekommt, sondern auch ein täglich auf den neuesten Stand gebrachtes Wetter-Profil (er geht dabei von einem Etmal von 120 Seemeilen aus, was bei uns nicht klappt), was für uns heute so aussah:
17.11. - schwache Winde aus Südost
18.11. - schwache Winde aus Südost, später bis zu 15 Knoten
19.11. - OSO 15 Knoten
20.11. - SO 10, später auffrischend auf 15 Knoten
21.11. - NO 15 bis 20 Knoten
22.11. - Nord 25 Knoten
23.11. - Nord 20 Knoten
24.11. - NO 25 Knoten, später NW 15 Knoten
25.11. - variable Winde
26.11. - variable Winde
27.11. - NO 15 Knoten
Natürlich sind das alles nur Mittelwerte, will heißen, bei 20 Knoten muß man in etwa von 15 bis 25 Knoten rechnen & außerdem sind hier die Böen natürlich nicht mit drin. So werden wir am 22.11. wohl eher vorsichtig fahren, denn wenn zu den 20 bis 30 Knoten noch eine Bö kommt, dann wird es schon lustig. Jeden Morgen wird dieses Wetterprofil auf den neuesten Stand gebracht, wobei es zur Zeit immer noch ausgesprochen gut aussieht.
Vor dem Wetter hatte ich schon die Stbd-Maschine gewartet & als die Funke aus war, wurde diese dann auch angeworfen & die Bbd-Maschine bekam mehr Motoröl. So tuckern wir jetzt mit 2000 bis 2200 UpM mit etwa drei Knoten in Richtung 145°(T), auf gut Deutsch Südost genannt. Alle 20 Minuten piepst das Nokia-Handy, um mich daran zu erinnern die Bilge zu pumpen & zu checken ob nach wie vor Kühlwasser austritt. Jo, und jetzt läuft der Stbd-Diesel schon wieder bald sechs Stunden, denn mit so wenig Wind können wir nicht segeln.
Mittwoch, der 26. November 2008
Breite: 35°19'S Länge: 174°07'O
Ich fange lieber mal an im Telegramstil zu schreiben, sonst kriege ich heute gar nichts mehr geregelt. ;-) Am Montag dem, 17.11. haben wir erst einmal 18 Liter Diesel nachgefüllt, damit die Tanks immer schön bis oben hin voll bleiben. Gibt weniger Kondensation und Streß. Abends spazierte auf einmal ein Gecko auf meinem Kartentisch herum. Er vertrug die Seefahrt anscheinend ganz gut. Hoffentlich kann er auch die kalten Temperaturen in Kiwiland ab. Der nächste Tag brachte eine Bö nach der anderen, so daß es erstens wenig Schlaf gab und außerdem recht kalt war. Wie gut, daß wir Gummistiefel, Arbeitshandschuhe mit Gummiüberzug & neue Öljacken gekauft hatten!
Am nächsten Tag unterhielt ich mich über Funk mit Peter von der DAKOTA. Gebürtiger Hamburger hatte er sein Boot lange Jahre im Flensburger Industriehafen liegen. Er meinte zu mir, daß Flensburg wohl bald zum Notstandsgebiet erklärt werden müsse. Keine Arbeit und auch sonst kein gar nichts. Das Schlimmste wäre allerdings, daß die ganzen Flensburger trotzdem da nicht weg gehen würden & immerzu da blieben. <Grins> Wir hatten uns schon mal in Musket Cove in Fidschi getroffen. Abends hatten wir dann mal wieder recht wenig Strom, da ja unser Windgenerator neue Lager braucht.
Am Tag darauf gab es endlich mal vernünftig Wind, denn da wir ja keinen Spinnaker, eine leichte Genua wie auf der ersten DHARMA BUM oder sonst irgendwelche Leichtwettersegel haben, brauchen wir ja immer so um die vier bis fünf Windstärken, um überhaupt in die Puschen zu kommen. Immerhin konnten wir an diesem Tag ein Etmal von 160 Seemeilen verbuchen. Abends gab es "Lipings Excellent Passage Stew", welches mir so gut schmeckte, daß ich mir auf der Nachtwache noch ein paar zusätzliche Portionen gegönnt habe. Winfried erzählte über Funk schon die ganze Zeit, daß es auf DHARMA BUM III immer besonders gutes Essen gäbe. <hihi>
Am 9. Tag ging es mit 9 1/2 Knoten voran, so daß wir endlich ein bißchen näher an die ANNA MARIA von Winfried und Ute, als auch an die MOANA von Jens herankamen. Jens war schon einen Tag früher ausgelaufen, hatte aber bei der südlichsten Insel von Vanuatu, Aneityum, eine kurze Rast eingelegt.
Das Kreuz des Südens stand verkehrt herum am Himmel & wir steuerten nach Alpha Centauri. Dieser Stern ist uns im Weltall am nächsten, scheint aber nur relativ unscheinbar verglichen mit dem Hundestern. Winfried erzählte, daß am Tag nach seiner Ankunft recht heftige Winde herrschen würden, nämlich so zwischen 35 und 40 Knoten im Mittel. Da dachten wir zum ersten Mal daran, statt direkt nach Whangarei vielleicht doch lieber nach Opua zu laufen, zumal uns Winfried das sehr ans Herz legte. Das würde allerdings bedeuten, daß wir nachts einlaufen müßten, was wir ja sonst nie tun. Man sagte uns, daß es überhaupt kein Problem wäre, da wir uns inzwischen wieder der Zivilisation nähern würden. Karten stimmen, die Lichter auf den Bojen funktionieren, es gibt Leuchtfeuer und überall Küstenfunk.
Die Kiwis sprachen dann auch von einer "Gale Warning", welche später zu einer "Storm Warning" wurde. Das ist hier unten eine ernst zu nehmende Sache. Wie mein Bruder Knudsen - gerade auf Montage in Richmond, bei Nelson auf der Südinsel Neuseelands - schon schrieb: "Bei Holger könnte das ja noch etwas verschärft sein..... Das Wetter hier ist wie unser letzter Sommer, recht durchwachsen, viel Regen und Wind."
Es fing dann auch recht bald an zu kacheln, immer so um die 35 bis 45 Knoten, wobei wir ab und zu auch mal über 50 Knoten sahen. Erst hatte ich das Groß ganz herunter genommen, aber da der richtige Sturm erst einen Tag später kommen sollte, ging es mir zu langsam voran, so daß wir mit zwei Reffs weiter gefahren sind. Inzwischen war es natürlich klipp & klar, daß wir so schnell wie möglich irgendwo Schutz suchen wollten. Mit zwei Reffs und etwa 35% Rollfock machten wir immer noch ein Etmal von 147 Meilen. Es wurde recht feucht im Cockpit & ich saß so gut wie die ganze Zeit am Ruder. Auf einmal fing der KISS-Windgenerator wieder an zu drehen, wobei die Lager wahrscheinlich weiter zermalmt wurden. Das ging so weiter bis zum 24. Nun sitzt der große Rotor bombenfest.
Am 23. November fiel auf einmal unser Autopilot aus. Da stand einfach nur "No Pilot". War natürlich Klasse, denn die Seen waren inzwischen recht hoch & dann fällt das Ruder gehen schon etwas schwerer. Den ganzen Tag hatten wir echtes Schietwetter und die Sicht war so bescheiden, daß ich ein großes Containerschiff schon nach wenigen Minuten aus den Augen verlor. Außerdem hatte ich echt Muffe davor, nachts in Opua einzulaufen. Teilweise liefen wir mit über 14 Knoten, was mir im Prinzip ein wenig zu schnell ist. Die Hälfte hätte auch gereicht. Hinter uns lief die HAI YUN unserer Freunde Max (Kanada) & Jingli (Shanghai) samt zwei Kindern, auch mit teilweise über 15 Knoten. HAI YUN ist eine extrem schmale, schnittige Rennyacht vom Typ Mac Gregor 65 - also etwa 20 Meter lang. Ich guckte immer ob sie uns überholen würden, aber später erfuhren wir, daß sie erst mitten in der Nacht und viele Stunden nach uns angekommen sind. Sie schoben die ganze Zeit eine Lage von 50° und die arme Jingli stand während dessen Todesängste aus. Sie sagte später zu Liping, daß sie uns sehr darum beneiden würde auf einem Kat unterwegs zu sein. Max & Jingli sind beide hochintelligent und haben sich auf der Stanford University kennengelernt. Außer den Calvert-Lektionen bringt Max den Kindern das Computerprogrammieren und Jingli ihnen das Chinesisch bei.
Das Einlaufen in Opua ging ganz glatt und kurze Zeit später lagen wir außen am Wellenbrecher, denn drinnen war alles schon gerammelt voll mit Booten. Winfried und Ute waren nur etwa eine Stunde vor uns angekommen, so daß wir auf diesem Trip doch tatsächlich schneller waren, als die beiden auf ihrer Moody 40 mit großer Genua & viel motoren. Sie nahmen unsere Leinen entgegen & kurze Zeit später saßen wir gemütlich in der Kabine der CHAMPAGNE, um Champagner auf die gelungene Überfahrt zu trinken. Das war schon gut.
Montag kam die Bio-MAFia, nämlich die Quarantänefritzen an Bord. MAF steht für "Ministry for Agriculture and Forestry". Sie haben das ganze "Lipings Excellent Passage Stew" und ein paar andere Sachen konfisziert, ansonsten aber keinen weiteren Streß gemacht. Auch die Frau vom Zoll war sehr nett, aber als sie am Schluß nach unserer Haschpfeife fragte, war ich doch ein wenig konsterniert. Die Bio-MAFia hätte ihr gesagt, daß sie bei uns an Bord ein "Bong" gesehen hätten, aber ich bestand darauf, daß sie dort anrief, denn dabei müsse es sich um ein anderes Boot handeln. Sie hat es dann auch gemacht & das Ganze stellte sich als Irrtum heraus. Es war nämlich ein französischer Kat gewesen, der nun total auf den Kopf gestellt wurde.
Ich hatte den Offiziellen klar gemacht, daß ich bei dem Wetter nicht ohne Schäden vom Dock weg könnte, denn der Wind drückte uns natürlich mit voller Wucht dagegen. Die dicken Ballonfender von der ANNA MARIA machten auch so schon bedrohliche Geräusche, aber zum Glück ist keiner geplatzt. Wir waren dann den ganzen Tag bei Winfried & Ute, wo wir ausgiebig geschnackt haben.
Gegen 23:00 Uhr - wir lagen schon total erschossen in der Schlummerrolle - bemerkte ich eine komische Bewegung, so als ob ein Fender verrutscht wäre und wir mit dem Rumpf direkt am Holzsteg liegen wuerden. Außerdem hörte ich draußen Stimmen und auf einmal tauchte eines der Kinder von HAI YUN bei uns auf. Wir waren splitterfasernackt. Draußen richtig Sturm und peitschender Regen. Ich zog mir hastig die Öljacke über & als ich endlich sehen konnte, was los war, sträubten sich mir die Haare. Unsere Heckleinen waren samt und sonders gebrochen und so krachten wir auch schon mit den beiden Bügen frontal in den Wellenbrecher. Gelcoat splitterte. Am Quarantänesteg eine regelrechte Menschenmenge. Winfried und Ute schliefen schon, aber Max hatte zwei dicke lange Trossen. Mit Hilfe der Leute auf dem Steg legten wir diese dann über zwei Winschen. Da wir sie nicht belegen konnten - viel zu dick - mußte eine von Liping & die zweite von einem HAI YUN Kind gehalten werden, während Holg wie irre an den Winschen kurbelte. Winfried war später ganz erstaunt, daß wir es überhaupt geschafft haben, denn bei einem richtigen Sturm ist der Winddruck auf so einem Katamaran natürlich enorm.
Wie dem auch sei, nach etwa einer Stunde sehr aufregender, anstrengender und nasser Arbeit, lagen wir wie eine Spinne vertäut wieder an der Pier und konnten erschöpft ein zweites Mal in die Kojen sinken. Wenn wir bei dieser Aktion in die HAI YUN gedonnert wären, dann wäre ich inzwischen bankrott, denn so ein Teil kostet schon mal ein paar Millionen. Puh! Winfried meinte gestern zu mir, daß er für mich bei seiner Versicherung einsetzen würde, wenn ich mich dort versichern wollte. Er sei sich allerdings nicht sicher, ob das für uns letztendlich eine gute Sache wäre, denn für sein Boot bezahlt er schon über € 4.000 im Jahr. Bei uns wäre die Prämie sicherlich weitaus höher. Wir sind da noch am Überlegen...
Der Wind hörte schlagartig auf - genau wie Winfried es prophezeit hatte. Er hatte schon in Deutschland bei den Militärfliegern das Wetter gemacht. Zum einen weil er wußte, daß Wetter für einen Segler von keinem geringen Interesse ist und zum anderen weil es dort gute Parkplätze für umsonst gab. Wer hätte gedacht, daß ich mich mit einem pensionierten Berufssoldaten, der 1. August 2009 seine Goldene Hochzeit feiert, so gut anfreunden würde. :-)
In aller Herrgottsfrühe kam ein Zollmensch, um uns wegzuscheuchen. Mit meiner zusätzlichen Starthilfebatterie (werde nie mehr ohne los fahren) schmiß ich erst die Bbd- und dann die Stbd-Maschine an. Kurze Zeit später ankerten wir auf etwa 1 1/2 Meter Tiefe im Schlamm. Später kam die Ebbe, das Echolot zeigte nur mehr einen Meter und wir steckten gut und sicher in der Matsche. So lag ich ja über ein Jahr lang in Französisch Guyana im Modder und Winfried meinte auch, daß dies eine gute Sache wäre.
Es dauerte eine ganze Weile, bis unser Beiboot klar war & auch der Außenborder war ob der häufigen Salzwasserduschen im Cockpit nicht so glücklich. Ich reinigte dann die Zündkerzen, während Liping sich mit dem Salzwasser an Bord beschäftigte, was dieses Mal wirklich überall hin gelangt war. Sogar unsere Betten waren voll von den klebrigen Zeug. Zu Fuß ging es zum Opua Store, denn außer Chinesischen Instant Nudeln gab es bei uns nichts mehr. Wir wollten es ja nicht der Bio-MAFia schenken. Obwohl es nämlich z.B. die Bienenpest längst in Neuseeland gibt, darf man trotzdem keinen Honig einführen. Die Jungs finden das selber ebenfalls bescheuert, aber "Regulations are Regulations".
Da ein Auto hier nur so um die 1.000 Kiwi Dollar (ca. € 420) oder noch weniger kostet, hat sich fast jeder Yachtie hier ein Auto gekauft. Zu Fuß geht so gut wie gar nichts und öffentliche Verkehrsmittel sind genau so selten wie in Amiland. Dabei sind diese Autos meist in recht gutem Zustand. Die Japaner mögen nämlich nur nagelneue Autos leiden, werden aber die Dinger nicht los, da sie ja das Steuerrad auf der falschen Seite haben. Fazit: Man verschifft sie zu Millionen nach Neuseeland, worüber sich die Kiwis ganz mächtig freuen. Auch wir planen uns so einen Subaru oder so etwas zuzulegen.
Winfried und Ute fuhren mit uns ins nächste Einkaufszentrum nach Paihia, wo Liping wieder einmal gebremst werden mußte, sonst wären wir erst bei Ladenschluß dort weg gekommen. Ich lud die ganze Bande dann noch in die Maori-Kneipe "RoadRunner" ein, von der Winfried mir schon vorgeschwärmt hatte. Später waren wir noch "im Klub", sprich dem "Opua Cruising Club". Man glaubt es kaum, aber etwa die Hälfte der Yachties hier kommt ursprünglich aus Deutschland. Meist sind es Rentner & Pensionäre, die in dieser Gegend ihren Lebensabend verbringen & immer zwischen den Südseeinseln und der Bay of Islands hin und herpendeln. Wir trafen diverse alte Bekannte, wie zum Beispiel Michael & Sylvia von der TANOA, einem Privilege 37 Katamaran. Auch Jens von der MOANA war da. Es wurde eine ziemlich wilde Nacht, wobei die anderen bis nach 2:00 Uhr dort feierten. Aurora klimperte auf dem Klavier herum & war guter Dinge, aber Liping war echt um, so daß ich unseren Abend abbrechen mußte.
Jo, und am nächsten morgen kam Roy von der SEA LOONE vorbei. Wir haben uns vor etwa 20 Jahren in Kourou in Französisch Guyana kennengelernt & uns 1995 in Tonga wieder getroffen. Roy ist 64, segelt seit 30 Jahren auf seinem selbst gebauten Ferrozementboot um die Welt, inzwischen schon zum dritten Mal. Er lebt von US$ 3.000 im Jahr, will heißen von US$ 250 im Monat. Soll mir also keiner irgendwelchen Quatsch erzählen, daß er sich eine Weltumseglung nicht leisten kann. Die Wiedersehensfreunde auf beiden Seiten war beträchtlich & Roy erzählte, daß er schon ganz geknickt war, weil er meinte uns verpaßt zu haben. Er sagte so etwas, wie "Du mit Deiner Erfahrung..." und auch Winfried meinte "Du kommst ja von ganz woanders her..." Für uns war das recht lustig zu hören - und für mich zumindest ein ganz großes Kompliment - denn wir haben immer so das Gefühl, daß wir die Oberchaoten unter den Seglern sind, aber wie wir von unseren besten Freunden hier erfuhren, haben die auch alle genausoviel Streß wie wir. ANNA MARIA hatte zum Beispiel schon mal ihr Ruder verloren & SEA LOONE sieht auch aus, als ob sie schrottreif wäre. Irgendwie denken wir aber immer, daß nur unser Kahn fortwährend so viele Probleme aufwirft. Liegt anscheinend in der Natur der Dinge!
Später ging's wieder mit Winfried und Ute nach Paihia, wo ich erst einmal 250 Känguruh-Dollars in Kiwi-Dollars umgetauscht habe. Dann noch eine SIM- sowie eine WiFi-Karte gekauft, so daß ich mich endlich um Lipings Visum für D-Land kümmern kann. Damit fing ich dann gleich am Nachmittag an, wobei ich auf einmal total in Zeit-Panik kam, da ich immer noch auf Vanuatu Zeit war. Das sind volle zwei Stunden Unterschied. Winfried und Ute hatten uns nämlich in ein Chinesisches Restaurant eingeladen, welches vor vielen Jahren von einem Taiwanesen eröffnet wurde.
Dort schnackten wir lange und ausgiebig, wobei wir dann auch endlich so langsam mitkriegten, warum sich die beiden voll und ganz zu unserer Verfügung gestellt haben und so viel Zeit mit uns verbringen. Ute hat natürlich an Aurora Ulani einen Narren gefressen, zumal sie sich selbst Enkelkinder wünscht. Und Winfried findet es total toll, daß ich schon so jung aus D-Land abgehauen bin, um "meinen eigenen Weg zu gehen", wie er es nennt. Und wir bewundern die beiden total für ihren ganz ausgezeichneten & uneigennützigen Wetterdienst, für den sie jeden Tag vielleicht so um die acht Stunden ihrer Zeit opfern. In Vanuatu haben sie irgendwem eine Hütte hingestellt und einem anderen Ni-Vanuatu sein neues Geschäft finanziert und auch sonst planen sie ihre Rente und Pension für gute Zwecke einzusetzen und bis zum letzten Pfennig auszugeben. Sie erinnern uns sehr an die alte Garde der Yachties und vor allem an Karl & Libu auf der ROSINANTE.
Der Abend wurde recht lustig, denn die beiden bestellten eine Karaffe Wein nach der anderen und als mitten drin auch noch mein Vadder anrief, war die Begeisterung Groß. Als mein Vadder sich über mich bei Winfried für die eMails bedankte und dieser grinsend meinte, dafür müßte er schon zwei Bier haben, denn für umsonst mache er ja nun nichts, ja, da wollte das Lachen dann gar kein Ende mehr nehmen. Aurora Ulani war auch ganz glücklich mit den Taiwanesenkindern & überhaupt macht sie mit Ute und Sylvia auch sehr gute Fortschritte in Deutsch. Jetzt ist sie gerade auf TANOA mit Sylvia Weihnachtsplätzchen backen, während Liping zur HAI YUN ist, die uns für heute abend zum Essen eingeladen haben.
Heute saßen wir dann gerade dick eingemummelt und mit langen Unterhosen beim Frühstück - schon wieder Starkwindwarnung - als auf einmal ein Anruf der Taiwanesin Christine aus Pango Pango (American Samoa) kam. Sie denken oft an uns & wollen uns vielleicht sogar hier besuchen. Wenn nicht gerade irgendein Notstand oder Katastrophenstimmung herrscht, dann ist das Yachtie-Leben wirklich einmalig. So tolle Leute trifft man sonst nie im Leben & das ist auch einer der Hauptgründe, warum Winfried und Ute dieses Leben nicht aufgeben möchten. Nicht einmal hier in Opua möchten die beiden seßhaft werden. Taiwan-Botschafter Bruce aus Majuro schrieb uns und ermahnte seine ehemalige Dienststelle in Auckland, uns auch ja schön willkommen zu heißen und mit Rat & Tat zur Seite zu stehen. Der ehemalige Kiwi-Botschafter Craig aus Tarawa hat uns für eine Woche zu sich nach Hause eingeladen und wir sehen jetzt schon, daß unser Gesellschaftsleben hier mindestens genauso aktiv wird, wie oben in Mikronesien. Wo finden wir nur die Zeit unseren Kahn zu insten? ;-)))
So, jetzt sollte ich vielleicht lieber erst einmal die megavielen eMails lesen, die ich vom Server geholt habe!
Viele liebe Grüsse von Aurora Ulani, Liping & Holg
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